Wie alles begann
Wir nehmen euch mit auf eine abenteuerliche Reise mit einem jungen Mann namens Ayaz Ahmed aus Islamabad in Pakistan. Ayaz hat uns schon bei vielen großartigen Projekten im Ausland geholfen und uns immer wieder mit seinen Erlebnissen beeindruckt. Sein guter Freund Bashir lebt in Sialkot und arbeitet dort in einer kleinen Stahlproduktionsstätte, die aus hochwertigem altem Stahl handgefertigte chirurgische Instrumente herstellt. Seit 1988 existiert diese kleine Stahlproduktionseinheit in einem Industriegebiet der Stadt. Das Prinzip des Stahl-Upcyclings schafft so für junge Menschen die Möglichkeit, mit modernem und international gefragtem Handwerk einer sicheren und qualifizierten Arbeit nachzugehen, mit der sie ihre Familien ernähren können. Das ist bei weitem nicht selbstverständlich in einer abgelegenen und instabilen Grenz-Region von Pakistan.
Diese Form des Upcyclings hat uns direkt begeistert und wir fragten uns, ob Bashir auch aus dem alten Stahl Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens hergestellten kann.
Ayaz machte sich also von seiner eigentlichen Heimatstadt Daharki auf den rd. 800 km langen Weg nach Sialkot, um mit Bashir über diese Idee zu sprechen. Zudem war es uns sehr wichtig, dass Ayaz sich den Ort des Geschehens persönlich anschaut. Denn so können wir sicher sein, dass in dem Unternehmen faire Arbeitsbedingungen herrschen und es keine Kinderarbeit gibt. Umso erfreuter waren wir, dass es fair in dem Unternehmen zugeht und sogar stets unter den Covid-19-Vorsichtsmaßnahmen gearbeitet wurde.
Zu unser Überraschen gab es eine Abteilung, die sich mit der Herstellung von handgefertigten Alltagsgebrauchsgegenständen beschäftigt.
Doch wo kamen eigentlich diese ganzen Mengen an Stahl her?
Ayaz unterhielt sich mit dem Betriebsleiter Herrn Asalan Farooqui über die Geschichte der Stahlproduktion. Er stoß dabei auf interessante Erkenntnisse: Die upgecycelten Produkte werden nicht nur aus alten Schiffen, Motorrädern, alten Bussen oder anderen fehlerhaft produzierten Objekten gefertigt, sondern auch aus alten Eisenbahnschienen aus der Kolonialzeit, viele sind mehr als 100 Jahre alt. Diese Tatsache hat uns so sehr fasziniert, dass wir unbedingt mehr über die alten Eisenbahnschienen und ihre Geschichte wissen wollten.
Die Briten kamen als Händler nach Indien, bevor sie die Macht an sich rissen und den Kontinent kolonisierten. Die Kolonien wurden für den Abbau von Ressourcen genutzt, die dann nach England verschifft wurden. Allerdings gab es nur zwei Transportmöglichkeiten, um zur Verschiffung an die Häfen Indiens zu gelangen: Straßen und Flüsse.
Die Einführung der Eisenbahn ermöglichte so, dass z.B. die Rohbaumwolle aus den fruchtbaren Gebieten im Norden zu den Häfen im Süden transportiert wurde. Mit den Jahrzehnten entstand nach und nach ein dichtes Schienennetz.
Die ersten Eisenbahnschienen wurden 1853 in Bombay und Kalkutta angelegt. Nach dem indischen Unabhängigkeitskrieg 1857 wurden sie für den schnellen Einsatz der Streitkräfte und dem Baumwolltransport in ganz Indien zügig ausgebaut. Bis 1901 hatte Indien ein Schienennetz von über 40.000 km Länge. Bis zum Abzug der Briten 1947 wurden diese Infrastruktur hauptsächlich zu kolonialen Zwecken genutzt. Erst nach dem Abzug der Briten konnten die Eisenbahnen von der lokalen Bevölkerung genutzt und bis 2017 auf rund 67.000 km weiter ausgebaut. Diese, ursprünglich zur Ausbeutung des Kontinents errichtete Infrastruktur, ist heute Teil eines gigantischen Schienennetzes, dass in dem riesigen Land für den öffentlichen Verkehr unverzichtbar ist. Auch durch Sialkot führt die Eisenbahnschienen als Transportweg aus Indien.
Die große Mengen an Stahl stammen daher von den Wertstoffhöfen, wo defekte und verschlissene pakistanische Eisenbahnstücke ausrangiert und erneuert werden. Die defekten Gleise werden dann zum Wertstoffhof geschickt, sodass Stahlproduktionsstätten wie die von Bashir sie dort erwerben, um aus dem Stahl neue Produkte fertigen zu können.
Da möchten wir mitmachen!
Die Geschichte des alten Stahls und das, was heute die Arbeiter*innen durch ihre Handfertigkeit in der Stahlproduktionsstätte daraus machen, finden wir grandios. Zudem hat uns begeistert, wie durch Upcycling jungen Menschen eine wirtschaftliche Perspektive geboten wird. Wir entschieden daher sie bei ihrem Unternehmen zu unterstützen, indem wir gemeinsam Produkte entwickeln, diese in Europa anbieten und ihre Geschichte erzählen.
Fingerspitzengefühl gefragt
Die Alltagsgegenstände von Cycle Steel unterlaufen einem aufwändigen Prozesse der Handarbeit mit viel Fingerspitzengefühl!
Denn der alte Stahl wird nicht eingeschmolzen, um ihn in neue Funktion und Form zu bringen. Der Prozess des Upcyclings beginnt mit dem Waschen der verrosteten Stahlschienen. Zudem werden Sandstrahlmaschinen genutzt, um den Rost von den Schienen zu entfernen. Danach werden sie in kleine Stücke gesägt und werden bereit zur Weiterverarbeitung als wertvoller Rohling eingelagert. Entsprechend der zu produzierenden Gegenstände werden aus diesen Rohlingen mit Hilfe von Pressmaschinen und Walzen Stahlbleche gefertigt, die per Handfertigung in die gewünschte Form gebracht werden
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21. Juli 2022